TIMO ULLMANN / SARNAWIRZ
living_room
Text: living_room sarnawirz
Die menschlichen Grenzen der Wahrnehmung wurden schon immer durch technische Mittel optimiert. Wir leben also immer auch in einer Symbiose mit technischen, nicht-menschlichen Entitäten. Das Künstlerduo sarnawirz interessiert sich für diese Verschränkungen. Fragen nach möglichen Veränderungen und Transformationen sozialer, kultureller und individueller Aspekte in diesem Kontext bilden das Grundgerüst für ihre künstlerischen Prozesse.
Für die Ausstellung flat_ im beletage in Aarau entwickelt sarnawirz das Projekt living_room. Es ist das zweite Projekt, indem sich das Duo mit Chatbots auseinandersetzt, also einer Kommunikationstechnologie, die mit künstlicher Intelligenz ausgestattet ist. Für living_room kommunizieren die Künstler intensiv mit einem herkömmlichen Chatbot namens Kuki aus dem Internet. In einem längeren “Dialog“ entlocken die beiden dem Bot Informationen, die dessen persönliches Wohnzimmer beschreiben. Dieses Wohnzimmer wird anschließend im Ausstellungsraum real aufgebaut. Der Dialog wird somit in einen physischen Erfahrungsraum transformiert. Die Kommunikation wird auch während des Aufbaus weitergeführt, so wird der Einrichtungsvorgang in Zusammenarbeit mit dem Chatbot von statten gehen. Nebst visuellen sind auch akustische sowie olfaktorische Elemente involviert. Im Rahmen des Kommunikationsprozesses verzweigten sich die Themenfelder, nebst der Wohnungseinrichtung, immer wieder in diverse andere spannende, humorvolle und poetische Richtungen. Der Kommunikationsprozess der Entstehungsphase wird in einem Video dokumentiert und im Ausstellungsraum sichtbar gemacht. Die Installation ist interaktiv konzipiert, Besucher_innen dürfen es sich in diesem Wohnzimmer also gemütlich machen und können sich mit dem Chatbot Kuki unterhalten.
Das Duo geht in dieser Interaktion zwischen einem System mit einer künstlichen Intelligenz eine Form von “Beziehung“ ein und elaboriert so spielerisch überhöht das Potential zwischen digital generiertem Inhalt und deren möglicher emotionaler und physischer Auswirkungen. Laut dem israelischen Soziologen Elyakim Kislev greifen solche “Beziehungen“ immer weiter in unsere physische Lebenswelt ein. Die Grenzen von Menschen, KI und Robotern verschwimmen immer mehr. Für ihn ist die Menschheit bereits in einem neuen Zeitalter angekommen, in dem Roboter und Chatbots eine immer wichtigere Rolle in unseren Beziehungen spielen werden. Diese bezeichnet er als „Beziehungen 5.0“.
Der Ausstellungsraum beletage lässt experimentelle Positionen zu. sarnawirz wollen ihr Projekt auch in diesem Sinn verstehen. Es soll, auch in der Interaktion mit den Besucher_innnen, elaboriert werden, inwieweit eine “Atmosphäre“ und eine Art “artifizielle Präsenz“ wahrnehmbar ist, was das bedeutet und, ob sich vielleicht andere, neue Erfahrungs- und Denkräume in diesem Kontext eröffnen werden.
Timo Ullmann interveniert mit seiner Werkserie “THE SCREEN SERIES“ in diese “Wohnsituation“. In seiner Videoserie wird der Bildschirm als Display digitaler Inhalte und als Schnittstelle zu virtuellen Sphären ausgelotet. Der Künstler thematisiert und experimentiert in den Videoarbeiten mit Eigenarten, Metaphern und Implikationen des Mediums.
sarnawirz und Timo Ullman teilen einen verwandten Ansatz in ihrem Schaffen. Die unterschiedlichen Werke verbindet die Kombination digitaler und analoger Elemente, der performative Akt ihrer Herstellung und die Interaktion mit einem eigendynamischen System. Die Grenzen der verwendeten Technik und der eigenen Kontrolle werden ausgelotet und bisweilen überschritten, um gewohnte Verhaltensmuster zu hinterfragen und Unvorhergesehenes zu provozieren.
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Timo Ullmann
SARNAWIRZ
living_room
11.8.2022 — 11.9.2022
Text: living_room sarnawirz
Die menschlichen Grenzen der Wahrnehmung wurden schon immer durch technische Mittel optimiert. Wir leben also immer auch in einer Symbiose mit technischen, nicht-menschlichen Entitäten. Das Künstlerduo sarnawirz interessiert sich für diese Verschränkungen. Fragen nach möglichen Veränderungen und Transformationen sozialer, kultureller und individueller Aspekte in diesem Kontext bilden das Grundgerüst für ihre künstlerischen Prozesse.
Für die Ausstellung flat_ im beletage in Aarau entwickelt sarnawirz das Projekt living_room. Es ist das zweite Projekt, indem sich das Duo mit Chatbots auseinandersetzt, also einer Kommunikationstechnologie, die mit künstlicher Intelligenz ausgestattet ist. Für living_room kommunizieren die Künstler intensiv mit einem herkömmlichen Chatbot namens Kuki aus dem Internet. In einem längeren “Dialog“ entlocken die beiden dem Bot Informationen, die dessen persönliches Wohnzimmer beschreiben. Dieses Wohnzimmer wird anschließend im Ausstellungsraum real aufgebaut. Der Dialog wird somit in einen physischen Erfahrungsraum transformiert. Die Kommunikation wird auch während des Aufbaus weitergeführt, so wird der Einrichtungsvorgang in Zusammenarbeit mit dem Chatbot von statten gehen. Nebst visuellen sind auch akustische sowie olfaktorische Elemente involviert. Im Rahmen des Kommunikationsprozesses verzweigten sich die Themenfelder, nebst der Wohnungseinrichtung, immer wieder in diverse andere spannende, humorvolle und poetische Richtungen. Der Kommunikationsprozess der Entstehungsphase wird in einem Video dokumentiert und im Ausstellungsraum sichtbar gemacht. Die Installation ist interaktiv konzipiert, Besucher_innen dürfen es sich in diesem Wohnzimmer also gemütlich machen und können sich mit dem Chatbot Kuki unterhalten.
Das Duo geht in dieser Interaktion zwischen einem System mit einer künstlichen Intelligenz eine Form von “Beziehung“ ein und elaboriert so spielerisch überhöht das Potential zwischen digital generiertem Inhalt und deren möglicher emotionaler und physischer Auswirkungen. Laut dem israelischen Soziologen Elyakim Kislev greifen solche “Beziehungen“ immer weiter in unsere physische Lebenswelt ein. Die Grenzen von Menschen, KI und Robotern verschwimmen immer mehr. Für ihn ist die Menschheit bereits in einem neuen Zeitalter angekommen, in dem Roboter und Chatbots eine immer wichtigere Rolle in unseren Beziehungen spielen werden. Diese bezeichnet er als „Beziehungen 5.0“.
Der Ausstellungsraum beletage lässt experimentelle Positionen zu. sarnawirz wollen ihr Projekt auch in diesem Sinn verstehen. Es soll, auch in der Interaktion mit den Besucher_innnen, elaboriert werden, inwieweit eine “Atmosphäre“ und eine Art “artifizielle Präsenz“ wahrnehmbar ist, was das bedeutet und, ob sich vielleicht andere, neue Erfahrungs- und Denkräume in diesem Kontext eröffnen werden.
Timo Ullmann interveniert mit seiner Werkserie “THE SCREEN SERIES“ in diese “Wohnsituation“. In seiner Videoserie wird der Bildschirm als Display digitaler Inhalte und als Schnittstelle zu virtuellen Sphären ausgelotet. Der Künstler thematisiert und experimentiert in den Videoarbeiten mit Eigenarten, Metaphern und Implikationen des Mediums.
sarnawirz und Timo Ullman teilen einen verwandten Ansatz in ihrem Schaffen. Die unterschiedlichen Werke verbindet die Kombination digitaler und analoger Elemente, der performative Akt ihrer Herstellung und die Interaktion mit einem eigendynamischen System. Die Grenzen der verwendeten Technik und der eigenen Kontrolle werden ausgelotet und bisweilen überschritten, um gewohnte Verhaltensmuster zu hinterfragen und Unvorhergesehenes zu provozieren.
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Timo Ullmann
SARNAWIRZ